Spielfeldrand-Udenforbanen

Fair Play - Eltern und Trainer sind Vorbilder!

Fair Play im Kinder- und Jugendfußball sollte nicht nur auf dem Platz gefördert und gefordert werden. Eltern und Trainer sind hierbei Vorbilder für die Kids. Was aber zum Teil am Spielfeldrand passiert ist gelinde gesagt fragwürdig. Da Fair Play bei den Kleinsten anfängt, sollten wir alle auch besonders hier schon auf die Einhaltung von zivilisierten Verhaltensweisen achten.

Im früheren Straßenfußball spielten Kinder selbstorganisiert, so, wie sie es wollten. Das freie Fußballspiel sollten wir den Kindern im Vereinsfußball wieder anbieten! Die sogenannte "Fair Play Liga" ermöglicht dieses freie Spielen!
Der Kreisfußballverband Rendsburg-Eckernförde hat beschlossen, für die F-Junioren in einer Pilotphase die "Fair Play Liga" einzuführen. Nach einigem Hin- und Her sind nun auch die drei wichtigsten Regeln hierfür festgelegt worden.

Die Regeln der Fair Play Liga

Die Fanregel
Fans halten sich in angemessenem Abstand zum Spielfeld auf (mind. 5m). Anfeu­ern - Ja. Steu­ern - Nein. Eltern und Fans blei­ben in der Fan­zone und über­las­sen den Kin­dern das Spiel.

Die Schiedsrichterregel
Die Kinder sollen selbst entscheiden - es gibt keinen Schiedsrichter.

Die Trainerregel
Die Trainer begleiten das Spiel gemeinsam aus der Coachingzone, die gegenüber der Fanzone liegt - nur wenn die Kinder nicht weiter wissen, greifen sie lenkend ein.

Die Spiele werden also nicht von einem Schiedsrichter geleitet - die Kinder entscheiden selbst! Natürlich spielen die Trainer in solch einem gewagten Konzept die tragende Rolle. Sie müssen den Fair-Play-Gedanken aktiv vorleben und den Kindern schon im Training vermitteln. Da die Kinder in diesem Alter in der Regel noch keinen Schiedsrichter kennen, werden sie ihn auch nicht vermissen. Automatisch wenden die Kinder ihre natürlichen Verhaltensregeln an und werden den Fair-Play-Gedanken in ihrem Geist vertiefen. Sollte dies mal nicht funktionieren, helfen die Trainer ein bisschen nach. Die Eltern halten sich entsprechend aus dem Spielgeschehen heraus - wobei Anfeuern natürlich erlaubt und gewünscht ist. Eine gute Übersicht zum Elternverhalten bietet folgende Broschüre des DFB: Fair bleiben liebe Eltern (PDF) 

Der Ablauf des Spiels sieht wie folgt aus

1. Spielfeldaufbau nach Muster (s. Abb.)
2. Treffen zum Einlaufen in der Fanzone
3. Spieler und beide Trainer laufen zur Platzmitte ein
4. Eltern/Fans bleiben in der Fanzone und applaudieren beim Einlaufen
5. Begrüßung durch die Trainer in der Platzmitte
6. Mannschaftsritual und Spielbeginn
7. Nach Spielende Verabschiedung in der Mitte und gemeinsames Verlassen des Spielfeldes

Weitere Infos auf der Homepage: http://www.fairplayliga.de


Hintergründe

Eine sehr interessante Studie des Sportjournalisten, Diplomsportlehrers und DFB-A-Lizenzinhabers Robert Freis widmete sich der Frage, wie sich Trainer und Eltern im F- und E-Juniorenbereich am Spielfeldrand verhalten und wie sie sich bestenfalls verhalten sollten. Als Untersuchungsmethode diente die Beobachtung. Der Beobachtungsbereich war dabei das Verhalten von Trainern und Eltern gegenüber Kindern im Verlauf eines Spiels und die folgende Reaktion der betroffenen Kinder. Insgesamt wurden 52 F- und E-Junioren Spiele im Kölner Raum und dabei 208 Bezugspersonen (49 Trainer/159 Eltern) beobachtet. Die Ergebnisse der Untersuchung sind spannend und geben Anlass dazu, dass auch wir unsere Verhaltensweisen am Spielfeldrand bedenken und im Zweifel vielleicht auch überdenken sollten.

Bei der durchgeführten Beobachtung konnten in Trainer- und Elternverhalten sieben Grundtypen klassifiziert werden. Beobachtet wurden der Trainer sowie die Personen im Umkreis des Trainers: 
  •  Ehrgeiziger Typ: Trainer: Will immer gewinnen setzt aus diesem Grund nur die starker Spieler ein. Elternteil: Kritisiert im Verlauf des Spiels lautstark die Aktionen des Sohnes.
  • Besserwissender Typ: Fällt besonders durch Kommentare wie Du musst, Du sollst und Du darfst nicht auf
  • Unkritischer Typ: Orientiert sich mit seiner Kritik nicht an der Leistung der Kinder, sondern nur am Ergebnis.
  • Impulsiven Typ: Begleitet das gesamte Spiel mit lautstarken negativen, aber auch positiven Kommentaren.
  • Aggressiver Typ: Bei vermeintlicher Benachteiligung fordert er die Kinder zum aggressiveren Verhalten und zur Gewalt auf.
  • Lobenden Typ: Jede Aktion wird gelobt, Kritik wird im Verlauf des Spiels nicht geäußert.
  • Ruhiger Typ: Gibt im Verlauf des Spiels nur wenige Anweisungen. Wenn Korrekturen erforderlich sind, dann äußert er sie in einfachen, klar verständlichen Sätzen. Kritische Äußerungen erfolgen im Spielverlauf nicht.

Ergebnisse der Untersuchung
In allen Spielen wurde ein massives Eingreifen in den Handlungsspielraum der Kinder festgestellt. Es ist zu vermuten, dass nicht die Kinder entscheiden wie in einer bestimmten Situation zu handeln ist, sondern dies von den Erwachsenen vorgegeben wird. Dabei werden jedoch die Kreativität und die selbständige Entscheidungsgewalt der Kinder beeinträchtigt und blockiert. Je spannender und knapper das Spiel, desto energischer und aggressiver waren die Anweisungen der Trainer und Eltern. Oft konnten die Kinder lediglich in den Anfangsminuten ohne Einmischung von außen dem eigenen Spiel nachgehen. Diese Ergebnisse sind jedoch zu relativieren. Die Untersuchung zeigte, dass einer Mehrheit von sich zurückhaltenden, ruhigen Personen lediglich eine geringere Anzahl negativ auffallender Einzelfälle gegenübersteht.

Gesamtverteilung der Typen
Wenn die prozentuale Gesamtverteilung der einzelnen Typen hinzugezogen wird, in der Trainer und Eltern zusammengefasst sind, so ist festzustellen, dass der ruhige Typ mit 42,3% am häufigsten vertreten ist. Das bedeutet, dass fast die Hälfte aller beobachteten Personen beim Spiel der Kinder sich zurückhaltend verhält. Ein erfreuliches Ergebnis! Der impulsive Typ ist mit 20,7% stark vertreten. Dieser Anteil ist eindeutig zu hoch! Denn demnach ist jeder 5. Trainer oder Elternteil aktiv am Spiel beteiligt, indem sie ständig Kommentare äußern. Dahinter folgen der lobende Typ (10,6%), der ehrgeizige Typ (9,6%), der unkritische Typ (8,2%) und der besserwissende Typ (6,7). Der aggressive Typ ist mit 1,9% glücklicherweise eher eine Randerscheinung.

Verteilung der Trainertypen
Wenn nur die prozentuale Verteilung der Trainer betrachtet wird, so ist es vor allem als bedenkenswert anzusehen, dass im Bereich der E-Junioren über die Hälfte der Trainer dem impulsiven Typ zugeordnet wurde. Dieser Wert ist fünfmal so hoch wie bei den F-Junioren! Hier dominiert erfreulicherweise der ruhige Typ. Dieses Ergebnis ist ein Beleg dafür, dass die Neun- und Zehnjährigen bereits wesentlich erfolgsorientierter trainiert werden. Nicht die individuelle Entwicklung eines jeden Spielers ist hier in den meisten Fällen entscheidend, sondern (leider) der Tabellenrang. Dagegen steht bei den F-Junioren noch stärker die Spielfreude der Kinder im Vordergrund. Der ruhige Typ ist bei den Trainern prozentual als zweitstärkste Gruppe vertreten. Bei den F-Junioren stehen jedoch dreimal so viele ruhige Trainer am Spielfeldrand wie bei den E‑Junioren. Die vermutlichen Gründe für dieses Übergewicht gegenüber einer ganz anderen Verteilung bei den E-Junioren-Trainern wurden bereits abgeleitet. Weiterhin fällt auf, dass der lobende Typ innerhalb der F-Junioren-Trainer als zweitstärkste Gruppe auftaucht wogegen er im Vergleich zu den E-Junioren im Gesamtbild der Trainer keine große Rolle spielt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das Aktivitätsniveau der Trainer von den F- zu den E-Junioren zunimmt.

Verteilung der Elterntypen
Auf Elternseite fällt auf, dass im Gegensatz zu den Trainern der ruhige Typ überwiegt. Dies bedeutet, dass fast die Hälfte der Eltern die Spielfreude der eigenen Kinder nicht hemmt. An zweiter Stelle ist jedoch bereits der impulsive Typ zu finden, der versucht, das Spielverhalten der Kinder zu beeinflussen. Hinsichtlich des ehrgeizigen Typs wird deutlich, dass das Elterninteresse am sportlichen Erfolg der Kinder mit höherem Alter steigt.

Zusammenfassung der Ergebnisse
Eine vor der Beobachtung aufgestellte Hypothese, das Verhalten von Trainern und Eltern wäre überwiegend negativ, konnte so nicht bestätigt werden. Allerdings fielen zum Teil sehr negativ handelnde Einzelpersonen auf. Fast die Hälfte aller Elternteile wurde dem ruhigen Typ sowie über 10% dem lobenden Typ zugeordnet. Dies ist sicherlich als ein äußerst positives Ergebnis zu bewerten. Knapp 40% der Trainer wurden indes dem impulsiven Typ zugeordnet, was einem recht hohen Anteil entspricht. Ein ruhigeres und zurückhaltenderes Verhalten wäre wünschenswert, damit sich die Kinder frei entfalten können! Bei den E-Junioren sind weitaus aktivere Trainer anzutreffen (überwiegend impulsiver Typ) als bei den F-Junioren (überwiegend ruhiger Typ). Der Hauptgrund liegt vermutlich in einer stärker erfolgsorientierten Sichtweise. In beiden Altersklassen überwiegt bei den Eltern der ruhige Typ. Festzuhalten ist, dass im Elternbereich gegenüber den F-Junioren der Anteil des impulsiven und ehrgeizigen Typs bei den E-Junioren enorm ansteigt. Zwischen Trainern und Eltern bestehen Unterschiede im Verhalten. Die Eltern zeigen im Vergleich ein ruhigeres Verhalten. Eltern und Trainer greifen im Spielverlauf oft in den Handlungsspielraum der Kinder ein. In allen Spielen waren lautstarke Kommentare seitens der Eltern und Trainer zu beobachten die die Handlungen der Kinder beeinflussten. Je spannender und knapper das Spiel, desto energischer und aggressiver sind die Anweisungen der Trainer und Eltern. Oft können die Kinder lediglich in den Anfangsminuten ohne Einmischung von außen dem eigenen Spiel nachgehen!

Überlegungen zu den Ergebnissen
Woran liegt es, dass einige Erwachsene die gute Erziehung vergessen, wenn Kinder auf dem Fußballfeld stehen? Liegt es etwa an den unterschiedlichen Zielen von Erwachsenen und Kindern? Kinder spielen Fußball, um das Spiel zu erlernen und sich zu verbessern. Spaß und Spielfreude sollten, nein, müssen dabei sogar im Vordergrund stehen. Erwachsene dagegen versuchen, den eigenen und in manchen Fällen übertriebenen Ehrgeiz auf die Kinder zu übertragen. Durch diese pure Erfolgsorientierung werden Talente hochgepuscht und frühzeitig einem künstlichen Druck ausgesetzt. Eine pädagogische Verantwortung wird nicht erfasst. Zurückzuführen ist dies darauf, dass Eltern einerseits Vorstellungen und Wünsche, die sie sich selbst in der eigenen Jugend nicht erfüllen konnten, auf die Kinder projizieren oder sie andererseits im Kindesalter selber sehr erfolgreich waren und nun diese sportlichen Leistungen auch vom eigenen Sprössling erwarten. Kinder in dieser Altersstufe sind in großem Maße auf die Eltern angewiesen und sollten aus diesem Grund auch in jeder Hinsicht Unterstützung erfahren. Die Erziehenden sollten sich jedoch hinsichtlich der eigenen Rolle auf dem Fußballplatz immer bewusst sein, dass junge Kicker vielerseits beeinflussbar sind. Ein Jugendtrainer wird immer versuchen, sich positiv verhaltende Eltern für die Gestaltung der organisatorischen, aber auch pädagogischen Prozesse und Aufgaben innerhalb der Mannschaftsführung als zusätzliches Potential zu nutzen. Eine Steuerung seitens der Trainer im Verlauf des Spiels ist aber dringend erforderlich. Allerdings sollten Anweisungen nur bei Unterbrechungen erfolgen, da Kinder bei einer Spielhandlung verbale Informationen nur schwer verarbeiten können. Zudem sollten Korrekturen in einfachen und recht verständlichen Sätzen angebracht werden. Entscheidend ist immer die Wort- und Tonwahl. Negative Äußerungen und lautstarke und unsachliche Kritik sind unangebracht. Aufmunternde Worte sind dagegen im gesamte Spiet wichtig und hilfreich. Immer wieder waren Einzelfälle zu beobachten in denen Kinder angebrüllt wurden.

Maßvolle Anfeuerungen von Eltern sind völlig o.k. - nur sollte hierdurch kein Druck auf die Kinder ausgeübt werden! Es macht auch keinen Sinn, dass Eltern neben den Trainern taktische Anweisungen geben. Die Kinder kennen in der Regel die Stimme des Trainers und nehmen die Worte des Trainers von Außen auch während des Spiels wahr. Vermischen sich die Anweisungen mit denen der Eltern, verwirrt das die Kinder, so dass Eltern sich noch mehr zurückhalten sollten als die Trainer. Abschließend sei nochmals betont, dass einige Erwachsene das eigene Verhalten auf dem Fußballplatz und den Kindern gegenüber grundlegend überdenken müssen, damit die Kinder in der freien Entfaltung nicht gehemmt werden und das tun können, was sie möchten: ohne Druck einfach nur Fußball spielen!

Frankfurter Rundschau
Die Geschichte eines extremen Negativbeispiels mit übertriebenem Ehrgeiz von Eltern könnt Ihr hier nachlesen: Ein Vater sprüht vor Ehrgeiz

Neue Presse
Konsequenzen hat der Niedersächsische Fußballverband gezogen und installiert zwischen Spielfeld und Eltern eine "Tabuzone" von 5 m Breite: Verband greift durch: Eltern weg vom Spielfeldrand